Yacht- und Bootswerft Hellwig am Krüpelsee

Als Nachfolger seines Vaters Fritz I. Hellwig übernahm Günter Hellwig die Yacht- und Bootswerft und das angeschlossene Wassersportheim "Krüpelsee", gelegen am gleichnamigen See in idyllischer Umgebung von Senzig. Die Yachtwerft baute überwiegend Boote und Schiffe nach den Rissen von Theodor Ernst und Manfred Ernst.

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Fritz I. Hellwig in der Plicht vom 1. Traum - Riss Theodor Ernst
Fritz I. Hellwig in der Plicht vom 1. Traum – Riss Theodor Ernst

Fritz I. („I.“ steht für „der Erste“) Hellwig, der erste Sohn von Ferdinand Hellwig, wurde am 15.04.1904 geboren. Fritz I. erlernte das Bootsbauhandwerk und baute zunächst in einem Schuppen geklinkerte Paddelboote. Da das Geschäft sehr gut anlief, kaufte er 1931 das Nachbargrundstück seines Vaters im Grünen Weg 55 in Senzig. Fritz I. baute auf diesem Grundstück eine Marina mit Boots-Liegeplätze und einem Bootshaus. In der oberen Etage des Bootshauses „Wassersportheim Krüpelsee“ baute er Wochenendzimmer aus, die fortan vermietet wurden.
Hinter dem Bootshaus entstand 1937 eine Halle für den Bootsbau, in der Fritz I. anfangs geklinkerte Paddel- und Ruder-Boote sowie Angelkähne baute. Zunehmend wurden auch Achter- und Vorderkajütboote, sowie Jollenkreuzer gebaut. Einige der Boote wurden von Theodor Ernst konstruiert.

 

Am 08.11.1938 ist Günter Hellwig geboren, der nach seiner regulären Schulzeit bei seinem Vater von 1953 bis 1956 in die Bootsbaulehre ging und seine Gesellenprüfung ablegte. Fritz I. besuchte die Meisterschule und bestand im Juni 1955 seine Meisterprüfung. Fünf Jahre später, am 17.12.1960 bestand Günter Hellwig seine Meisterprüfung. Im Prüfungsausschuss saßen Albert Ludwig und Wilhelm Görrissen, Prüfungsvorsitzender war Helmholtz. Das Meisterstück war ein von Manfred Ernst konstruiertes Vorderkajütboot.

Die hohe Fertigungsqualität der Hellwig’s sprach sich herum und so kam es, dass von dieser Zeit an die überwiegende Arbeit im Ausbau von Stahl-Motoryachten lag. Diese Schiffe, zum größten Teil von Manfred Ernst konstruiert, waren für den Export bestimmt. Es handelte sich um die Typen Traum, Nordsee, Seestern und Senzig in verschiedenen Untertypen (Sedan, etc.). Die Aufträge wurden bis kurz nach der Wende durchgeführt.

Bootswerft Hellwig am Krüpelsee - Auszeichnungen
Bootswerft Hellwig am Krüpelsee – Auszeichnungen

Für diese Arbeiten erhielt der Betrieb in den 1960zigern jährlich eine Auszeichnung der Handwerkskammer. In dieser Phase waren bei Fritz I. Hellwig drei Angestellte, sein Sohn Günter und zwei weitere Mitarbeiter. Im Schnitt sind drei Boote pro Jahr ausgebaut worden. Zwischendurch bauten sie immer wieder kleinere Holzboote, so zum Beispiel der T4 TL (die lange Variante), der in Mahagoni Leistenbau mit geklinkerten Rumpf gefertigt wurde. Sperrholzvarianten wurden bei Hellwigs nicht hergestellt.

Der Auftraggeber für die Ausbauten war der Außenhandel (union). Die Stahlrümpfe fertigte Anfangs die Hansa Werft (Wolfgang Geppard), später die Stahlwerft Lehmann in Leibchel. Im nächsten Arbeitsgang baute, abhängig der Motorisierung, eine Motorenschlosserfirma auf dem Werftgelände den Motor und das Getriebe in den Stahlrumpf ein. Je nach Größe und Witterung wurde nach diesen Fertigungsschritten das Boot auf dem Wasser- oder Landweg in die Werft von Hellwigs transportiert. In der Werft wurde sodann das Schiff ausausgebaut. Als erstes erfolgten die Spachtelarbeiten, dann sukzessive die Holzarbeiten. Die Elektroarbeiten übernahm eine weitere Firma, die auf der Werft von Hellwigs ihre Arbeit durchführten. Der Motorenschlosser erledigte die Restarbeiten, die an Motor oder Getriebe notwendig waren. Die Fenster wurden in Auftrag gegeben. Anfangs baute die Franz-Werft in Niederlehme die Fenster, später die Firma Will. Die als Fertigteile gelieferten Fenster bauten wiederum Hellwigs ein. Nach den Abschlussarbeiten wurden die Boote bei Hellwigs gewassert, was eine schweißtreibende Arbeit war und Probegefahren. Eventuelle Nacharbeiten oder Kundenänderungen wurden durchgeführt und nach Abnahme wurden die Schiffe zum Osthafen überführt. Hierfür war immer ein Passierschein notwendig, da es sich um Sperrgebiet handelte. Im Osthafen wurden die Schiffe gekrant, auf einem Waggon verladen und in die Bestimmungsländer überführt. Überwiegend gingen die Schiffe nach Frankreich, Holland, Ostblockstaaten und die BRD.

Ein T4 (TL4) in der langen Version, der zunächst für Manfred Ernst als Prototyp gebaut wurde. Die Boote von Manfred und Theodor Ernst nannten sich überwiegend „Ralle“.

Fritz I. Hellwig verstarb 1970 und sein Sohn Günter übernahm die Werft. Nach 1972 wurden bei Hellwig keine Exportboote mehr gebaut. Der Grund war, dass der Staat die Devisen für die Zukaufartikel (Import) wie Motoren, Edelstahl, etc. nicht mehr aufbringen wollte (konnte). Ab diesem Zeitpunkt bauten die großen Exportboote nur noch die Franz Werft in Niederlehme, die Yachtwerft Berlin und kurze Zeit die PGH Müggelspree. Ab diesem Zeitpunkt baute Günter Hellwig nur noch für private Kunden, überwiegend Selbstständige. Sein Betrieb verarbeitete grundsätzlich nur Holz, GFK-Boote stellte die Werft nie her. Einzig beschichteten sie Deck und teilweise den Rumpf mit Epoxid.

Günter Hellwig erfüllte sich auch einen eigenen Traum eines Bootes, welches er sich von Manfred Ernst in enger Abstimmung hat zeichnen lassen. Hierbei ist ein sehr schönes Kajütboot entstanden. Dank seines enormen handwerklichen Geschicks ist das Boot etwas ganz besonderes, welches auch sehr gut läuft. Hier hat Günter wirklich alles aus seiner bisherigen Erfahrung einbringen können. Jede noch so kleine Nische im Boot ist durch Ablagefächer ausgenutzt. Schaut es Euch einfach hier an:

Für etliche Jahre arbeitete auch Günter Maier bei Günter Hellwig, den er bei Franz „abgeworben“ hatte. Günter Hellwig berichtet von Günter Maier nur Positives. So schätze er seine handwerklichen Fähigkeiten und die Zusammenarbeit zwischen ihnen war stets von großem Vertrauen. Ein weiterer Mitarbeiter, ein ausgezeichneter Tischler, war Ekkardt Dehling, der das damalige Team komplettierte. Um 1968 herum absolvierte auch Karl-Heinz Kuhlke seine Lehre bei Hellwigs.

Der Sohn von Günter Hellwig, Andreas, lernte ab 1982 bei seinem Vater den Bootsbauberuf und bestand 1984 seine Gesellenprüfung. Andreas arbeitete noch bis 1997 bei seinem Vater als Geselle.

1990 wurde die Marina ausgebaut und modernisiert, doch bereits drei Jahre später wurde der Bootsbaubetrieb eingestellt. Günter Hellwig investierte noch in sehr viele Ausbauten der Halle und die Werkstatt ist in einem top sauberen Zustand. Heute werden nur noch sporadisch Reparaturen und Überholungsarbeiten ausgeführt.


Berlin im Mai 2008 (dp)

Wir danken Günter Hellwig und Günter Maier für Ihre Geduld und Unterstützung, die uns die wichtigen Informationen und Bilder zur Verfügung stellten und Sie sich jeweils die Zeit für unser Anliegen genommen haben. Wir haben uns bei Ihnen sehr wohl gefühlt und die stets freundliche und lockere Atmosphäre genossen.


Lieber Günter Hellwig - In Gedanken bei Dir....
Lieber Günter Hellwig – In Gedanken bei Dir….
Günter bleibt uns in Erinnerung - hier auf seinem Boot Nereus (Meeresgott)
Günter bleibt uns in Erinnerung – hier auf seinem Boot Nereus (Meeresgott)

Mit Bestürzung haben wir erfahren, dass Günter Hellwig am 26.07.2024 verstorben ist. Viel zu früh für einen wunderbaren Menschen, den wir sehr geschätzt haben. Er war immer offen und wir konnten alles Fragen, er hat immer eine Antwort gehabt. Er wird uns sehr fehlen, aber stets in Erinnerung bleiben. Das Lebenswerk der Hellwigs am Krüpelsee wird über diese Plattform ein würdiges Bestehen in unseren Köpfen behalten.

 

Die Biographie wird zu einem späteren Zeitpunkt vervollständigt.

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Rezensionen (1)

HK
Heiko Krause
8. Januar 2025

Ein Kindheitstraum Mahagoni-Panther mit einem 75PS Wartburg-Melkus Motor

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Ich bin ein ewigen Fan der Hellwig-Boote, habe mich über die vielen, für mich neuen, Informationen dieser Seite gefreut. An diesem Panther habe ich als 9jährigenär das Wasserskilaufen aud dem Großen Müggelsee gelernt. Unser Liegeplätze war der Campingplatz am kleinen Müggelsee. Auch wenn ich h jetzt weiß das mein jetztziger Plaste-Panther kein echter Hellwig ist, weder ich Ihn wieder fit machen und zu Wasser bringen. 😉
webmaster
webmasterhttps://www.klassik-boote.de
Mein Name ist Detlev Pickert, geboren 1957 in Berlin-Zehlendorf und der webmaster dieser Plattform. Durch meine Tätigkeit im Großkauf am Saatwinkler Damm Ende der 1970-er verbrachte ich sehr viel Zeit mit der Beobachtung der Testfahrten von Dieter König und seinem Team am Saatwinkler Damm. Von Anfang an war die Geschichte der Boote etwas, das mich faszinierte. Es ist die Geschichte oder Provenienz, wie es heute genannt wird, die uns erzählt, was das Boot durchgemacht hat, wem es gehörte und wie es einst entstanden ist. Das war für mich der Beginn, dieses erstaunliche kulturelle Erbe zu dokumentieren und festzuhalten. Durch hunderte von Interviews mit alten Bootsbauern, Werftbesitzern und Motorenschlossern sowie Recherchen in Bibliotheken, Büchern und Magazinen hat sich ein umfangreiches Wissen angesammelt. Nach einer Pause von etwa zehn Jahren wird nun sukzessive dieses Wissen auf dieser Plattform veröffentlicht. Keine Geschichte ist abgeschlossen, da täglich neue Informationen hinzukommen. Ich habe weder Germanistik noch Journalismus studiert; ich schreibe einfach so, wie mir meine Gedanken kommen. Wer sich daran stört, findet sicherlich andere Seiten, auf denen er sich wohler fühlt. Wer sich an meiner Arbeit erfreut, darf gerne über den Spendenknopf einen Kaffee ausgeben. Ich danke für Eure Unterstützung.
Ich bin ein ewigen Fan der Hellwig-Boote, habe mich über die vielen, für mich neuen, Informationen dieser Seite gefreut. An diesem Panther habe ich als 9jährigenär das Wasserskilaufen aud dem Großen Müggelsee gelernt. Unser Liegeplätze war der Campingplatz am kleinen Müggelsee. Auch wenn ich h jetzt weiß das mein jetztziger Plaste-Panther kein echter Hellwig ist, weder ich Ihn wieder fit machen und zu Wasser bringen. 😉Yacht- und Bootswerft Hellwig am Krüpelsee